In der Geschichte der Technik begegnen wir immer wieder dem gleichen Muster: Ein neues Gerät, ein System oder eine Anwendung wird eingeführt – als vorübergehende Maßnahme, als Hilfsmittel für eine Krisensituation, als Mittel zum Zweck. Doch die versprochene Rückkehr zur vorherigen Normalität bleibt oft aus. Stattdessen bleibt die neue Technik bestehen – erst stillschweigend, dann selbstverständlich.
Ein klassisches Beispiel: Überwachungskameras. Eingeführt zum Schutz bei Großveranstaltungen, nach Anschlägen oder in problematischen Stadtteilen. Heute begegnen sie uns an fast jeder Straßenecke, in Bussen, Bahnen, Aufzügen und Schulfluren. Was einst als temporäre Maßnahme begann, wurde zur dauerhaften Infrastruktur.
Oder kontaktlose Bezahlsysteme. Ursprünglich forciert in Zeiten von Hygienemaßnahmen – inzwischen Standard. Bargeld? Wird zunehmend zurückgedrängt. Die Notlage ist vorbei, doch die Technik bleibt. Nicht selten auch die Daten, die sie generiert.
In Krisen werden häufig Technologien befehligt, deren Einsatz mit einem Gefühl von Sicherheit oder Erleichterung einhergeht – Temperaturscanner, QR-Codes, digitale Gesundheitspässe, Drohnen zur Abstandskontrolle. Doch kaum jemand fragt: Was passiert, wenn der Ausnahmezustand endet? Werden diese Mittel wieder zurückgebaut? Oder nur weiterentwickelt – für neue Zwecke?
Viele dieser Systeme sind teuer. Ihre Wartung kostet. Und wer investiert, will meist auch langfristige Nutzung. So bewegen wir uns schleichend in eine Zukunft, in der Technik nicht mehr Werkzeug ist, sondern Struktur. Wo menschliches Miteinander durch automatisierte Prozesse ersetzt wird. Wo immer mehr Entscheidungen durch Algorithmen und Systeme getroffen werden, die niemand wirklich durchschaut.
Scheibchenweise – so verändert sich unsere Welt. Nicht mit einem großen Knall, sondern im Flüsterton. Und irgendwann merken wir: Das, was einst als vorübergehende Maßnahme gedacht war, ist heute unsere Normalität.
Vielleicht ist es Zeit, sich wieder öfter zu fragen:
Ist dieses Gerät wirklich noch ein Mittel zum Zweck – oder längst zum Zweck selbst geworden?
