Kaum jemand denkt beim Griff zum Briefumschlag oder zur Toilettenpapierrolle darüber nach, wie viele chemische Prozesse nötig sind, um Papier so makellos weiß erscheinen zu lassen. Doch hinter dieser künstlichen Reinheit verbirgt sich eine enorme Umweltbelastung. Besonders beim sogenannten gebleichten Papier – ob für Drucker, Verpackung oder WC – kommen aggressive Substanzen wie Chlor, Chlorverbindungen oder Wasserstoffperoxid zum Einsatz, um die natürliche Farbe des Zellstoffs zu entfernen.

Der Wunsch nach „reinem Weiß“ ist ästhetisch geprägt – doch ökologisch gesehen ein Irrweg. Denn nicht nur die Umwelt wird durch die Rückstände belastet, die bei der Papierbleiche entstehen, sondern auch die Gesundheit: Bei der Verwendung von WC-Papier mit chlorhaltigen Rückständen besteht ein direkter Hautkontakt mit sensiblen Körperzonen. Die Idee von Reinheit wird hier ad absurdum geführt.

Und es geht auch anders – viel besser sogar: Hanf.

Hanf wächst nicht nur wesentlich schneller als Bäume, sondern liefert auch deutlich mehr nutzbare Biomasse pro Hektar. Während ein Baum Jahrzehnte braucht, um zu wachsen, ist Hanf bereits nach 3–4 Monaten erntereif. Zudem kann Hanf jährlich mehrfach geerntet werden, benötigt weniger Pestizide und verbessert sogar die Bodenqualität.

Vergleichen wir:

  • Ein Hektar Hanf kann in nur einem Jahr so viel Papier liefern wie vier Hektar Wald in mehreren Jahrzehnten.
  • Hanffasern sind stärker, langlebiger und widerstandsfähiger als herkömmlicher Zellstoff.
  • Die Verarbeitung von Hanf zu Papier erfordert weit weniger chemische Behandlung und kann sogar ganz ohne Bleiche auskommen.

Warum also setzen wir weiter auf Waldrodung, Chemiebäder und umweltschädliche Produktionsketten? Die Antwort liegt – wie so oft – in der Geschichte und den Interessen der Industrie. Die Holz- und Papierlobby hat jahrzehntelang dafür gesorgt, dass Hanf diskreditiert wurde. In den 1930er Jahren wurde der vielseitige Rohstoff durch Gesetzgebung fast weltweit verdrängt – unter anderem auch, weil er eine ernsthafte Konkurrenz für die damals aufstrebende Holz-, Öl- und Chemieindustrie darstellte.

Ein Umdenken ist überfällig.

Weniger Papierverbrauch, mehr Digitalisierung – aber auch die Rückbesinnung auf nachhaltige Alternativen wie Hanf könnten einen wertvollen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Und vielleicht wäre es an der Zeit, die Farbe von Papier nicht länger mit Reinheit gleichzusetzen – sondern mit Wahrheit, Transparenz und ökologischer Vernunft.

Denn echte Reinheit ist nicht weiß. Sie ist bewusst.

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