Die Art, wie wir sprechen, hat oft mehr Wirkung als was wir sagen. Gerade in emotional aufgeladenen Situationen entscheidet unsere Kommunikation darüber, ob wir Verbindung schaffen oder Trennung vertiefen. Die Methode der Gewaltfreien Kommunikation (GFK), entwickelt von Marshall B. Rosenberg, ist ein Werkzeug zur ehrlichen, aber respektvollen Verständigung.
Sie zielt nicht darauf ab, „lieb“ oder angepasst zu sein – sondern authentisch, klar und verbindend.
Gewaltfreie Kommunikation (GFK) ist ein Ansatz, der darauf abzielt:
- eigene Gefühle und Bedürfnisse klar und ehrlich auszudrücken,
- ohne dabei den anderen zu beschuldigen, zu verurteilen oder anzugreifen,
- und zugleich die Perspektive des anderen zu hören und zu verstehen.
Sie basiert auf dem Verständnis, dass: „Jede Handlung ein Versuch ist, ein Bedürfnis zu erfüllen.“
Die 4 Schritte der GFK
- Beobachtung (ohne Bewertung): Was habe ich konkret gesehen oder gehört?
- Gefühl: Was fühle ich in mir, wenn das geschieht?
- Bedürfnis: Welches Bedürfnis steht dahinter?
- Bitte (klar, konkret, erfüllbar): Was wünsche ich mir stattdessen?
Beispiel 1: Konflikt mit Partner/in
Klassisch (trennend): „Du hörst mir nie zu. Du bist immer mit dem Handy beschäftigt!“
Gewaltfrei (verbindend): „Wenn ich mit dir spreche und du gleichzeitig aufs Handy schaust, fühle ich mich übergangen und frustriert, weil ich das Bedürfnis nach echter Aufmerksamkeit und Verbindung habe. Wärst du bereit, dein Handy für ein paar Minuten wegzulegen, wenn wir sprechen?“
Beispiel 2: Arbeitsplatz – unterbrochen werden
Klassisch: „Kannst du mal aufhören, mich ständig zu unterbrechen?“
Gewaltfrei: „Wenn ich spreche und unterbrochen werde, fühle ich mich irritiert und etwas übergangen, weil mir Respekt und Ausreden-lassen wichtig sind. Wärst du bereit, mich aussprechen zu lassen und dann zu antworten?“
Beispiel 3: Freund meldet sich nicht zurück
Klassisch: „Ach, du meldest dich auch nur, wenn du was brauchst, wie immer.“
Gewaltfrei: „Ich habe gemerkt, dass du auf meine letzte Nachricht nicht geantwortet hast. Ich fühl mich dadurch traurig und verunsichert, weil mir Kontakt und Verlässlichkeit in unserer Freundschaft wichtig sind. Wie geht es dir – magst du etwas dazu sagen?“
Warum funktioniert GFK?
- Weil sie Verantwortung übernimmt: Ich bleibe bei meinem Gefühl und Bedürfnis, statt den anderen zu beschuldigen.
- Weil sie entwaffnet: Wer nicht angegriffen wird, muss sich nicht verteidigen.
- Weil sie echtes Verstehen fördert: Der Fokus liegt auf dem, was hinter dem Verhalten steht – bei mir und beim anderen.
- Weil sie Klarheit schafft: Bedürfnisse werden benannt, nicht versteckt oder manipuliert.
Was GFK nicht ist:
- kein „Trick“, um den anderen zu manipulieren
- keine Garantie, dass der andere zustimmt
- kein „weichgespültes“ Sprechen – sondern oft mutig und ehrlich
GFK ist keine Technik, um Recht zu bekommen – sondern ein Weg, um echt zu bleiben und trotzdem verbunden.
Anwendung im Alltag
- In Beziehungen hilft GFK, Verletzlichkeit zu zeigen, ohne schwach zu wirken.
- In Elternschaft unterstützt sie Kinder darin, Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken.
- In Arbeitskonflikten schafft sie eine respektvolle Ebene für Lösungen.
- Im inneren Dialog hilft GFK sogar, mit sich selbst mitfühlender zu sprechen.
Schlussfolgerung
Gewaltfreie Kommunikation ist ein Weg, dem Herzen eine klare Sprache zu geben. Nicht weichgespült, sondern bewusst, ehrlich, klar und offen. Sie bringt uns vom Urteil zum Verständnis, vom Vorwurf zum Wunsch, vom Gegeneinander zum Miteinander. Denn oft ist es nicht der Konflikt selbst, der trennt – sondern die Art, wie wir darüber sprechen.
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