Explainable Artificial Intelligence (XAI) bezeichnet einen Bereich der künstlichen Intelligenz (KI), der sich mit der Entwicklung von Algorithmen und Modellen beschäftigt, die für Menschen nachvollziehbar und interpretierbar sind. Ziel von XAI ist es, Entscheidungen, die von KI-Systemen getroffen werden, transparent und verständlich zu machen – insbesondere in kritischen Bereichen wie Finanzwesen, Medizin oder Justiz. Traditionelle KI-Modelle, insbesondere Deep-Learning-Systeme, gelten oft als „Black Boxes“, da sie zwar sehr leistungsfähig sind, ihre Entscheidungsprozesse aber für Anwender nicht nachvollziehbar sind. XAI-Methoden versuchen, dieses Problem zu lösen, indem sie:

  • Entscheidungsgrundlagen sichtbar machen,
  • Einflussgrößen offenlegen und
  • Vertrauen und Kontrolle im Umgang mit KI erhöhen.

Deep-Learning-Systeme werden in vielen Bereichen eingesetzt, etwa in der Bilderkennung, Sprachverarbeitung, im autonomen Fahren oder bei personalisierten Empfehlungen. Diese Systeme basieren auf künstlichen neuronalen Netzen mit zahlreichen Schichten, die aus großen Datenmengen Muster und Zusammenhänge lernen. Aufgrund ihrer Komplexität und der Vielzahl an Parametern gelten sie jedoch oft als „Black Boxes“ – ihre Entscheidungswege sind schwer nachvollziehbar. Das kann problematisch sein, insbesondere wenn unerwartete oder fehlerhafte Entscheidungen getroffen werden, etwa bei der Ablehnung eines Kredits, einer medizinischen Diagnose oder einer gerichtlichen Einschätzung. Ohne transparente Einsicht in die Entscheidungslogik können solche Ungereimtheiten schwer erkannt, überprüft oder korrigiert werden, was ethische und rechtliche Fragen aufwirft.

Im Kontext von sensiblen Anwendungen – wie zum Beispiel bei der Verwaltung von Geldströmen, Kreditvergabe, Risikobewertung oder der Strafverfolgung – ist es essenziell, dass die Handlungen eines KI-Systems überprüfbar und rechtlich nachvollziehbar sind. Hier spielt XAI eine zentrale Rolle für:

  • Regulatorische Anforderungen
  • Verbraucherschutz
  • Vermeidung von Diskriminierung
  • Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit

Verbindung zwischen XAI und CBDCs

CBDCs sind digitale Zentralbankwährungen, die als offizielles Zahlungsmittel von einer Zentralbank ausgegeben werden, CBDCs werden staatlich reguliert. Sie versprechen Effizienz, Sicherheit und direkte Steuerungsmöglichkeiten im digitalen Zahlungsverkehr.

Betrieb und in der Regulierung von CBDC-Systemen:

a) KI im CBDC-Ökosystem

  • Zentralbanken könnten KI einsetzen, um Transaktionsmuster zu analysieren, Betrugsversuche zu erkennen oder wirtschaftliche Trends vorherzusagen.
  • Diese Systeme treffen möglicherweise automatisch Entscheidungen, etwa über Transaktionsfilter, Risikoeinstufungen oder regulatorische Maßnahmen.

b) Transparenz und Nachvollziehbarkeit

  • Wenn KI eine Rolle bei der Verwaltung von CBDC-Daten spielt, muss sichergestellt sein, dass alle Entscheidungen nachvollziehbar sind – besonders, wenn Bürgerinnen und Bürger davon direkt betroffen sind.
  • XAI kann hier helfen, die Entscheidungsfindung offenzulegen und sicherzustellen, dass keine algorithmische Diskriminierung oder unbeabsichtigte Verzerrungen entstehen.

c) Vertrauensbildung

  • CBDCs erfordern ein hohes Maß an Vertrauen in die Institutionen, die sie betreiben. Wird KI dabei eingesetzt, ist XAI ein Mittel es den Menschen ermöglicht zu verstehen, wie und warum Entscheidungen getroffen wurden – z. B. über Transaktionsverzögerungen, Limitierungen oder Prüfmechanismen.

d) Rechtliche und ethische Anforderungen

  • In vielen Jurisdiktionen ist es erforderlich, dass automatisierte Entscheidungen erklärt werden können – vor allem, wenn sie Auswirkungen auf Rechte und Freiheiten von Personen haben. XAI wird daher zum notwendigen Bestandteil von rechtssicheren CBDC-Systemen, wenn KI dort eine Rolle spielt.

Scheinbare Erklärbarkeit – das Problem mit XAI

Während XAI auf dem Papier mehr Transparenz verspricht, zeigt sich in der Praxis eine Vielzahl an Problemen:

  • Erklärungen sind oft ungenau oder künstlich konstruiert
    Viele gängige XAI-Methoden (z. B. LIME, SHAP) liefern approximative Erklärungen, die nur einen Teilaspekt der Entscheidung wiedergeben – und nicht das vollständige Bild. Das Risiko: Nutzer und Entscheidungsträger glauben, das System verstanden zu haben, obwohl das Gegenteil der Fall ist.
  • Erklärbarkeit wird zur Illusion
    In vielen Fällen dient XAI eher der Legitimation von Entscheidungen als ihrer wirklichen Offenlegung. Eine scheinbar plausible Erklärung kann in Wirklichkeit Fehlentscheidungen kaschieren, insbesondere bei Systemen, die auf verzerrten Trainingsdaten beruhen.
  • Missbrauchspotenzial durch gezielte Desinformation
    Wenn Systeme so konstruiert sind, dass sie erklärbar wirken, obwohl sie intern ganz anders funktionieren, entsteht ein gefährlicher Spielraum für Manipulation – etwa zur Durchsetzung politischer oder wirtschaftlicher Interessen.

Gefahren von XAI im Zusammenspiel mit CBDCs

Die Einführung von Central Bank Digital Currencies (CBDCs) bringt massive Umwälzungen im Geld- und Finanzsystem mit sich. In Kombination mit KI-basierten Überwachungssystemen könnte ein CBDC-System in Zukunft Transaktionen in Echtzeit bewerten, limitieren oder blockieren – gestützt auf „erklärbare“ Algorithmen. Genau hier liegt die Gefahr:

  • Automatisierte Kontrolle mit vermeintlicher Transparenz
    Ein CBDC-System, das mit XAI-gestützter Entscheidungslogik arbeitet, könnte Transaktionen oder Nutzerprofile anhand intransparenter Kriterien bewerten – etwa zur Betrugsprävention, Geldwäschebekämpfung oder Risikosteuerung. Die Erklärungen, die solche Systeme liefern, können technisch korrekt, aber inhaltlich irreführend sein. Bürger könnten kaum nachvollziehen, warum ihre Transaktion abgelehnt wurde – selbst wenn eine „Erklärung“ geliefert wird.
  • Technokratischer Machtzuwachs ohne demokratische Kontrolle
    Die scheinbare Objektivität von XAI kann dazu führen, dass politische oder wirtschaftliche Entscheidungen algorithmisch legitimiert werden. Damit droht eine Entmenschlichung von Verantwortung: Entscheidungen werden nicht mehr von Personen getroffen, sondern von Systemen – und niemand fühlt sich verantwortlich, wenn sie falsch sind.
  • Diskriminierung unter dem Deckmantel der Nachvollziehbarkeit
    Selbst mit XAI können diskriminierende Strukturen im System verborgen bleiben. Wenn bestimmte Nutzergruppen systematisch schlechter bewertet werden (z. B. aufgrund indirekter Merkmale wie Wohnort oder Kaufverhalten), können die Erklärungen diese Diskriminierung verschleiern statt offenlegen.
  • Täuschung der Öffentlichkeit
    XAI kann zur Beruhigung der Öffentlichkeit genutzt werden, ohne dass echte Kontrolle über die KI besteht. Es entsteht eine trügerische Sicherheit: „Die KI ist transparent“, obwohl sie in Wirklichkeit weiterhin unkontrollierbar bleibt.

Schlussfolgerung

Statt echter Transparenz kann XAI im Zusammenhang mit CBDCs zu einem Werkzeug zur Machterhaltung und Kontrolle werden. Die scheinbare Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen kaschiert häufig die tiefere Intransparenz und strukturelle Undurchschaubarkeit komplexer Systeme. Wenn CBDCs in Kombination mit solchen Technologien ausgerollt werden, entsteht die Gefahr eines digitalen Geldsystems, das technisch erklärbar erscheint – aber in Wahrheit nur schwer zu hinterfragen ist.
XAI ist kein Garant für Fairness oder Gerechtigkeit – im Gegenteil: In den Händen zentraler Institutionen kann es zur gefährlichen Waffe werden, um Entscheidungen zu rechtfertigen, die sich jeder demokratischen Kontrolle entziehen.

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