Fernsehen gilt noch immer als eine der einflussreichsten Informations- und Meinungsquellen der Welt. Ob Nachrichtensendung, Talkshow oder Dokumentation – viele Menschen verlassen sich darauf, dass dort objektiv über das Weltgeschehen berichtet wird. Doch diese Annahme ist gefährlich naiv. Denn die Inhalte des Fernsehens sind nicht unabhängig – sie sind massiv abhängig von Werbegeldern.

Und wer bezahlt die Werbung? In den meisten Ländern sind es immer wieder dieselben Branchen:

  • Pharmaunternehmen
  • Hersteller industriell verarbeiteter Lebensmittel
  • Fast-Food-Konzerne
  • Konsumgüter-Giganten
  • In manchen Ländern auch Tabak- und Alkoholkonzerne (sofern erlaubt)

Die unsichtbare Hand der Werbegelder

Ein Großteil der Einnahmen klassischer Fernsehsender stammt aus Werbung. In vielen Fällen über 50 %, bei Privatsendern sogar mehr. Diese Finanzierungsstruktur macht Fernsehsender ökonomisch abhängig von ihren Werbekunden.

Das Problem:
Wer zahlt, bestimmt mit.
Wenn also beispielsweise ein großer Pharmakonzern Millionen in Werbespots für Schmerzmittel, Allergiemittel oder Antidepressiva investiert, wird derselbe Sender kaum kritisch über Nebenwirkungen, Marktmanipulationen oder politische Einflussnahme durch genau diese Firma berichten. Die journalistische Unabhängigkeit wird zur Illusion.

Pharmawerbung

In den USA beispielsweise ist direkte Pharmawerbung an Verbraucher erlaubt (Direct-to-Consumer Advertising). Die Folge:

  • Bis zu 70 % der Werbezeiten in Nachrichtensendungen großer Sender wie CNN oder MSNBC sind von Pharmaunternehmen gebucht.
  • Kritische Berichterstattung über Medikamente, Impfprogramme oder Nebenwirkungen ist kaum noch vorhanden.
  • Stattdessen: verharmlosende Erzählungen, gefolgt von einem 30-sekündigen Werbespot über das neue Wundermittel.

In Europa ist direkte Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente zwar eingeschränkt, aber indirekte Werbung, Sponsoring und Lobbying hinter den Kulissen wirken genauso – nur subtiler.

Verarbeitete Lebensmittel und Fast Food – krank durch Werbung

Ein zweites dominierendes Segment ist die Nahrungsmittelindustrie – insbesondere:

  • Softdrink-Hersteller
  • Tiefkühlkost
  • Fertiggerichte
  • Snacks
  • Zuckerreiche Frühstücksprodukte

Diese Konzerne investieren Milliarden in Werbung, während über die gesundheitlichen Folgen ihrer Produkte (Adipositas, Typ-2-Diabetes, Herzerkrankungen) im Fernsehen praktisch nie offen gesprochen wird. Studien, die die Zusammenhänge belegen, finden kaum mediale Verbreitung.

Dafür gibt es seichte Lifestyle-Beiträge à la: „10 Tipps zum Abnehmen“, ohne das strukturelle Problem zu benennen: die permanente Manipulation durch Werbung für ungesunde Produkte.

Tabak und Alkohol – selektive Kritik und Scheinheiligkeit

In vielen Ländern ist Tabakwerbung im Fernsehen verboten – zurecht. Doch Sponsoring und Produktplatzierungen bestehen weiter, besonders in älteren Formaten, Serien oder Sportübertragungen.

Alkoholwerbung ist in Europa nach wie vor erlaubt – mit kleinen Einschränkungen. Hochprozentige Getränke werden selten offen gezeigt, aber Bier- und Weinwerbung ist ein fester Bestandteil des Werbeblocks vor Fußballspielen, Serien oder abends nach 20 Uhr.
Gleichzeitig wird über die gesellschaftlichen Schäden durch Alkohol (Sucht, Gewalt, Krankheit) deutlich weniger berichtet als etwa über illegale Drogen – obwohl Alkohol deutlich mehr Tote fordert.

Strukturelle Zensur durch ökonomische Abhängigkeit

Hier liegt der eigentliche Skandal:
Es braucht keine offene Zensur, um kritische Berichterstattung zu verhindern. Es reicht die stille Drohung des Geldentzugs.
Redaktionen wissen:

  • Ein kritischer Bericht über Nestlé, Coca-Cola, Pfizer oder Philip Morris kann Werbeverträge gefährden.
  • Ein Interviewgast, der zu viel Wahrheit sagt, wird nicht mehr eingeladen.
  • Ein Moderator, der zu unbequem wird, fliegt – „aus Quotengründen“.

So entsteht eine mediale Filterblase, die vorgibt, objektiv zu informieren – in Wahrheit aber systematisch wichtige Themen meidet oder verzerrt darstellt.

Wer den Bildschirm bezahlt, kontrolliert das Bild

Die Frage ist nicht mehr, ob die Inhalte des Fernsehens manipuliert sind – sondern von wem und aus welchen Interessen. Solange Medien ökonomisch von den mächtigsten Industrien abhängig sind, wird es keine echte Unabhängigkeit geben. Das betrifft nicht nur Unterhaltung, sondern vor allem: Information, Gesundheit und Meinungsbildung.

Wer wirklich frei informiert sein will, muss lernen, die Werbung nicht nur auszublenden – sondern zu durchschauen.

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